Gastbeitrag von Autorin Gudrun Lerchbaum:

 

 

Minidrama aus dem Autorinnenleben

 

Mann in Café (MiC) am Nebentisch: Und was machen Sie so?

 

Ich: Schreiben. Ich bin Autorin.

 

MiC: Muss man Sie kennen?

 

Ich: Müssen nicht, aber vielleicht wollen oder sollen.

 

MiC: Ganz schön eingebildet.

 

Ich: Nur selbstbewusst.

 

MiC: Und ganz schön rechthaberisch.

 

Ich: Ihr Charme ist zwar beeindruckend, aber ich glaube, das wird nichts mit uns.

 

MiC (tippt in sein Handy): Wie heißen Sie?

 

Ich: Warum? Wollen Sie ein Buch von mir kaufen?

 

MiC: Ich lese keine Frauenliteratur.

 

Ich: Und ich schreibe keine.

 

MiC: Kinderbücher?

 

Ich: Ich schreibe Politthriller.

 

MiC (ungläubig auflachend): Ja, sicher!

 

Ich greife in meine Tasche, ziehe meine Pistole und schieße ihm in die Stirn. (Phantasie)

 

Ich winke dem Kellner: Zahlen bitte! (Leider wahr)

 

Dieses Destillat eines Kaffeehausgesprächs habe ich im Mai 2017 in meinem Blog veröffentlicht. Obwohl es eine private Begegnung schildert, illustriert es gut, mit welchen genderspezifischen Vorurteilen wir es im Literaturbetrieb oft zu tun haben. 

 

Folgendes schrieb mir Anfang 2016 eine renommierte Literaturagentin: „… ist mir die Zielgruppe nicht klar: das Thema ist gut für einen Thriller, den die Männer bevorzugen würden, die wollen aber so etwas nicht von einer Frau mit einer Frau als Protagonistin. Wohingegen die Frauen, die die Hauptzielgruppe im Buchhandel bilden, wenn überhaupt nur im ganz kleinen Rahmen von Thematik und Ton angesprochen werden würden. Ich sehe da gerade wenig Chancen am Markt.“

 

Glücklicherweise behielt sie nicht recht. Ich fand für meine Projekte auch ohne Agenturhilfe Verlage, die sich nicht von abgedroschenen Klischees leiten lassen. Das Projekt von damals, der 2016 erschienene Roman Lügenland, wurde inzwischen übrigens ins Amerikanische übersetzt und auch die Filmrechte sind verkauft.

 

Dafür, dass es gerechter wird, setzen sich neben Projekten wie UNKNOWN auch Schriftstellervereinigungen wie Herland und die Mörderischen Schwestern und konzertierte Aktionen wie #Frauenzählen ein. Lasst euch nicht entmutigen!

 

Gudrun Lerchbaum