Schreibblockade - was hilft?

Eine Schreibblockade beschreibt einen Zustand, bei dem ein Autor/Schriftsteller nicht weiterschreiben kann. Man setzt sich an die Arbeit, aber es läuft einfach nicht oder die Motivation fehlt, man könnte auch sagen, das Schreibgefühl stellt sich nicht ein. Tatsächlich beschreibt dieser recht einfache Überbegriff ein Symptom, das verschiedene Ursachen haben kann. Wenn man die sogenannte Schreibblockade also überwinden möchte, muss man zunächst einmal verstehen, was den Schreibprozess so nachhaltig ausbremst. In diesem Artikel fasse ich ein paar mögliche Ursachen und Lösungen zusammen:

Handwerkliche Bremsen

Foto: www.pexels.com
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Der Protagonist hat sich in eine Situation manövriert, aus der du ihn nicht mehr herausschreiben kannst. Du weißt nicht, wie es weitergehen soll und steckst fest. Oder du weißt es prinzipiell, kommst aber dennoch aus irgend–einem Grund nicht voran. Meist passiert all das, wenn man zuvor zu wenig Mühe auf den Plot (Fahrplan, Gerüst) für die Geschichte verwendet hat. Einer der Hauptgründe für Schreibblockaden ist schlicht, dass Geschichten eben nicht mal so durch reine Inspiration entstehen.

 

Dabei war gerade das oft der Grund, warum man einst mit dem Schreiben begann: Man hatte eine detaillierte Idee, die nur noch danach schrie, niedergeschrieben zu werden. Eine fast spirituelle Erfahrung, die vermutlich jeder von uns schon einmal erlebt hat – die aber entgegen einer weit verbreiteten Ansicht eben nicht der Normalfall ist. Denn tatsächlich müssen insbesondere längere Geschichten in einem anstrengenden Prozess erdacht und die einzelnen Teile miteinander austariert werden. 

 

Abhilfe kann hier nur eines schaffen: nachträgliches Plotten!

 

Wenn du weißt, wo du hin willst (Finale) und dir Gedanken über die einzelnen Stationen auf diesem Weg gemacht hast, dann landest du nicht so schnell in einer Sackgasse. Hierfür nimmst du etwas Abstand zum Text und notierst grob die Handlung mit allen Wendungen, Finten und wichtigen Szenen in der Reihenfolge, in der sie geschrieben werden müssen.

Viele Autoren wenden vor dem Schreibprozess viel Zeit dafür auf und planen so ausführlich wie möglich die Handlung, damit sie dieses Skelett anschließend nur noch mit Leben füllen müssen – was in all den Details übrigens anspruchsvoll genug ist. Andere notieren sich nur Stichworte auf ein Blatt Papier, die ihnen als grober Fahrplan vollkommen ausreichend erscheinen. Vorteil dieser Methoden ist nicht nur, dass man die einzelnen Elemente der Geschichte problemlos hin und her schieben oder gar verwerfen kann, ohne ganze Seiten und Kapitel umschreiben oder löschen zu müssen. Man erkennt im Zweifel auch früher, ob bestimmte Handlungselemente nicht tragen, sich doppeln oder sonst wie nicht zu überzeugen wissen. Gerade überzeugte Bauchschreiber verzichten gerne auf diese Arbeit und vertrauen rein auf die Inspiration. Aber wenn du dich immer wieder festschreibst und teils Wochen oder Monate pausieren musst, weil du nicht weißt, wie es weitergehen soll, ist definitiv zu überdenken, ob dieser Zwischenschritt nicht doch eingeschoben werden muss.

 

Was aber tun, wenn man (vermeintlich) weiß, in welche Richtung die Handlung gehen soll, die Arbeit aber dennoch nicht vorangeht und sich aus irgendeinem Grund als zäh und widerspenstig erweist? Das sind sogar die unangenehmsten Momente beim Schreiben, denn man erkennt sie viel zu spät.

 

Warum? Weil in solchen Momenten dein Unterbewusstsein gegen dich arbeitet – und auf das solltest du unbedingt hören! Dein Bauchgefühl hat nämlich längst erkannt, dass der Pfad, den du einschlägst oder eingeschlagen hast, falsch und unausgewogen ist!

Im Gegensatz zu den Momenten, in denen dir nämlich sehr bewusst ist, dass du nicht genug über den Fortgang der Handlung weißt (oder du nicht einmal das Ziel kennst, auf das sich die Geschichte zubewegt), um weiterschreiben zu können, arbeitet in solchen Fällen dein Unterbewusstsein aktiv gegen dich. Stell dir dieses wie einen verborgenen Arbeitsprozessor vor, der während des Schreibens mit all deinen Erwartungen spielt, die längst geschriebenen mit den noch zu schreibenden Szenen abwägt und ständig den vor dir liegenden erzählerischen Weg überprüft.   Die Blockade entsteht in solchen Fällen, weil du instinktiv längst begriffen hast, dass im Fortgang zum Beispiel noch eine oder mehrere entscheidende Szenen fehlen, Handlungselemente schlicht nicht zusammenpassen – oder du dich gar mit deinen Figuren verrannt hast.

Gerade bei Letzteren gehen einem als Autor gern mal die Pferde durch und die Figuren verlassen die eigentliche Handlung in eine Richtung, die für die Geschichte nicht zielführend ist. Wenn sich zum Beispiel später die Notwendigkeit ergibt, dass deine Hauptfigur in der spannenden Verfolgungsszene von Hausdach zu Hausdach springen soll, dann ist es eben wenig zielführend, wenn du sie zuvor als ängstlich und wenig selbstbewusst charakterisierst. Ist es das, durch das der Arbeitsprozess stockt, bleibt dir nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen und Szenen oder Szenenelemente wieder herausnehmen, die vielleicht textlich überzeugen, aber der Geschichte selbst eben nicht dienlich sind. Diese Passagen kannst du in einem Extradokument speichern, damit sie nicht verloren gehen, aber es lohnt sich nicht, in dem aktuellen Projekt daran festzuhalten.

 

Handwerkliche Schwierigkeiten, die alles zum Erliegen bringen, sind in der Regel nur zu überwinden, wenn man stets selbstkritisch bleibt und nicht zu textverliebt ist. Ein wichtiges Indiz dafür ist beispielsweise, wenn du merkst, dass du dich beim Schreiben langweilst. Wenn der Held einen bestimmten Abschnitt einer Reise hinter sich bringen muss, du aber viel mehr Lust auf die Szene danach hast. Entweder schreibst du die nächste Szene vor, damit sie aus dem Kopf ist (was aber wirklich nicht jedermanns oder –fraus Sache ist), oder du nimmst dir die Zeit, den Zwischenteil noch einmal grundsätzlich zu überarbeiten. Denke daran: Es ist deine erzählerische Pflicht, jede Szene so zu schreiben, dass sie sich spannend, interessant oder informativ liest. Entweder durch Dialoge, innere Monologe, dem Spiel mit der Umgebung, durch weitere Hindernisse, die sich den Figuren entgegenstellen - oder weil du diese Szenen nutzt, um etwas vorzubereiten, das später passieren wird. Ansonsten sind solche Szenen schlicht obsolet.

 

Alles, was beim Schreiben keinen Spaß macht, wird meist am Ende auch genauso wirken. Schlimmstenfalls langweilig, uninspiriert oder überflüssig. In all diesen Fällen also ran an den Plot - hier ist die Schreibblockade zum Glück immer durch handwerkliche Mittel und Vorbereitungen zu lösen. Auch wenn das im Zweifel sehr anstrengend ist.

 

Persönliche Bremsen

Foto: www.pexels.com
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Wenn handwerklich alles läuft, du aber dennoch keinen Antrieb zum Schreiben hast, können natürlich auch ganz persönliche, vom Schreiben unabhängige Probleme der Grund sein. Der Alltag entzieht einem manchmal die Energie, die man benötigt, um sich auf seine Geschichte einlassen zu können. Besonders wenn das Selbstwertgefühl gerade mal in Mitleidenschaft gezogen wird und einem das eigene Bestreben sinnlos erscheint.

 

Es hat sich bewährt, auf einem Extrazettel ohne nachzudenken über das zu schreiben, was einen hemmt. Frei von der Leber weg, wie es so schön heißt. Fünf bis zehn Minuten freies Schreiben können wahre Wunder wirken. 

 

Manchmal muss man seinen Text auch eine Weile liegen lassen, bis man die privaten Baustellen erledigt hat. Es bringt nichts, wenn du dich unter Druck setzt und versuchst, auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. Prioritäten zu setzen und dann einen Schritt nach dem anderen zu gehen, reduziert den Frust und schon bald kann es dann weiter im Text gehen. 

 

Motivationsbremsen

Wenn man am Anfang seiner schriftstellerischen Laufbahn steht, kann speziell Kritik schnell demotivierend wirken. Schreiben ist schließlich eine sehr intime Beschäftigung. Und ich habe bislang bei keiner anderen Tätigkeit so viele Menschen getroffen, die den Anspruch haben, es sofort perfekt machen zu müssen- oder ansonsten alles hinzuschmeißen. Dabei ist das Schreiben ein Handwerk, das man lernen kann. Ein Prozess, der niemals aufhört, egal wie routiniert man ist, weil gerade das Schreiben so unfassbar viele Facetten zu bieten hat. Wenn du dir bewusst machst, dass selbst Profiautoren mit Hilfe von Testlesern und Lektoren an ihren Texten arbeiten, hobeln und schleifen, bis am Ende das herauskommt, was man im Laden kaufen kann, dann sinkt die Angst vor Kritik. Ein mit Anmerkungen und Korrekturen gespickter Text (der spätestens im Lektoratsprozess auch bei Profis absolut normal ist) sagt demnach nicht: „Boah, bist du schlecht!“ Er sagt schlicht: Hier sind sprachliche Verbesserungen möglich. Hier müssen noch mehr Informationen für den Leser hinein. Oder: Hier stimmt etwas logisch nicht. 

Wer sich auf solche Hinweise einlassen kann, lernt dazu und kann daran wachsen.

 

Insofern ist auch nicht jeder, der bereit ist, deinen Text zu beurteilen, auch der richtige Testleser für dich. Arbeite mit Menschen zusammen, die auf dich und deine Ideen eingehen können und bereit sind, dich zu unterstützen ohne lehrmeisterhaft oder übertölpelnd aufzutreten.

 

Warum schreibst du? Für Reichtum und Ruhm? Oder weil da Geschichten in dir sind, die raus wollen? Denke während des Schreibprozesses nicht an eine mögliche Veröffentlichung. Das wäre, wie in der ersten Klasse nur Gedanken an das Abitur zu verschwenden, das noch gar nicht zur Debatte steht. Geh Schritt für Schritt, schreibe deinen Roman fertig und hab Spaß dabei. Genieße es, dich in deiner erschaffenen Welt zu bewegen und sie mit Leben zu füllen. Lerne, schreibe, und vor allem: Schreibe deine Geschichte auch zu Ende. Wenn du das geschafft hast, kannst du metaphorisch gesprochen in die Oberstufe wechseln und die nächsten Schritte gehen, die dich zu einer Veröffentlichung führen.

 

Gedanken wie „Vielleicht sollte ich meine Idee verschenken, andere schreiben das besser als ich“ oder „Ich sollte es lassen, ich bin schlecht“ solltest du hingegen unbedingt aus deinem Kopf verbannen. Ja, natürlich gibt es erfahrenere Autoren. Es gibt überhaupt in jedem Tätigkeitsfeld Menschen, die vermeintlich erfahrener und/oder „besser“ sind als man selbst - aber keiner von denen würde die eine Geschichte so wie du schreiben, weil niemand deine Geschichte so erzählen wird, wie du es tust. Schreib, weil es dir ein Bedürfnis ist, das Schreibgefühl dich antreibt oder du etwas erzählen möchtest.

 

Wenn du viel Stress hast (lange Arbeitszeiten, Familie, andere Umstände), dann richte dir „Trainingszeiten“ wie beim Joggen ein. Schreibe jeden Tag mindestens zehn Minuten. Egal was, Hauptsache deine Hand bleibt in Bewegung. Dann klappt auch der Romanmarathon trotz Stress und Zeitfenster.  

 

Falls ihr weitere Anregungen, Anmerkungen etc. habt, freue ich mich, wenn ihr hier einen Kommentar hinterlasst. Alles über die konstruktive Zusammenarbeit mit Testlesern findet ihr in dem Handbuch TESTLESEN, das ihr jetzt vorbestellen könnt.

 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Sandra Baumgärtner (Montag, 07 August 2017 17:03)

    Hallo Sonja!
    Vielen Dank für diesen informativen Artikel. Auch wenn man sich selbst gerne als routinierten Schreiber bezeichnet, kommen mir manchmal dennoch Zweifel. Ich hänge zur Zeit beispielsweise am zweiten Teil meiner Trilogie. Die Pause dauert bereits ein paar Monate, obwohl ich gerne weiterschreiben würde. Bislang kam aber immer etwas dazwischen ... dachte ich. Aber nach Lesen deines Artikels beschleicht mich jetzt das Gefühl, dass da mehr dahintersteckt, als bloßer Zeitmangel. Ich weiß, dass eine Nebenrolle in der Trilogie nicht "ganz rund läuft" und einige andere Kleinigkeiten innerhalb der Geschichte nicht passen. Dank deinem Rat werde ich mich nochmal an den Plot setzen und ihn genauer unter die Lupe nehmen. Und die Nebenrolle gleich mit. ;-)
    Herzlichen Danke! Weitere Artikel dieser Art wären toll. :-)
    Liebe Grüße,
    Saandra