In Reaktion auf einige Diskussionen über UNKNOWN in den sozialen Medien erreichte uns eine Kritik, der wir hier ebenso Raum geben möchten, denn sonst ist keine Diskussion möglich. Danke, Florian, dass du uns erlaubst, deinen Brief zu veröffentlichen.

 

 

„Zu sagen, was ist, bleibt die revolutionärste Tat.“

 

… dass die aber nicht immer zu Ruhm und Ehre führt, sondern auch nach hinten losgehen kann, dass man für jede revolutionäre Tat entweder eine Situation nutzen oder sie lange planen muss, das wusste auch Rosa Luxemburg. Sie ist einer der wohl bekanntesten Frauen der deutschen Politik, eine Revolutionärin und ein Beispiel dafür, wie man es als Frau schaffen kann, dass Männer vor Ehrfurcht zu einem aufschauen. (Müsste es hier nicht heißen „zu einer aufschauen“?) Sie zeigt aber auch, dass ihr die Sache, für die sie eintrat, wichtiger war als ihr Geschlecht. 

 

Zu schnell werden Diskussionen an ihren Randerscheinungen festgemacht, werden zu laut, verlieren den eigentlichen Grund aus den Augen oder laufen Gefahr, instrumentalisiert zu werden. Bei der Frage nach Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern, zwischen Autorinnen und Autoren scheint das nicht der Fall zu sein. Es herrscht Konsens: Frauen sollen, nein, müssen die gleichen Rechte haben wie Männer. Und Autorinnen sollten die selben Chancen haben wie Autoren. Dahinter lässt sich nur eines setzen: ein Punkt. Selbstverständlich soll und muss es so sein. Kreativität hat nichts mit dem Geschlecht zu tun, Ideenreichtum und Stil ebenso wenig. Wer im Jahr 2019 noch behauptet, Frauen könnten nicht so gut schreiben wie Männer, der hat schlichtweg zu wenige – oder die falschen – Bücher gelesen. Ebenso wie diejenigen, die glauben, ein Gendersternchen wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. 

 

Gleichberechtigung ist für mich die zur Selbstverständlichkeit gewordene Ebenbürtigkeit aller Geschlechter. Ja, es gibt Dinge, die Männer besser können, und welche, die Frauen besser können. Und andere Dinge, da ist es völlig furzpiepegal. Vielleicht schreiben Frauen manchmal anders als Männer, vielleicht schreiben Männer sogar manchmal anders als Männer! Oder als Flusspferde, Hühneraugen oder Selleriesuppe mit Einlage? Na und?! Zu glauben, Gleichberechtigung würde Gleichheit bedeuten, ist falsch. Wer will schon genauso sein wie alle anderen? 

 

Das Projekt UNKNOWN ist eine Idee, um genau das zu zeigen: Die Geschichte steht für sich, und wer sie geschrieben hat, sagt nichts über ihre Qualität aus. Nichts darüber, ob ein Mann besser war oder eine Frau schlechter. Warum also sollte man nicht einfach darüber sprechen, welche Geschichte man mochte und welche nicht, ohne zu wissen, von wem sie stammt? Aus dem Grund habe ich das Projekt unterstützt. Ich finde die Idee großartig und unterstützenswert.

 

Nun merke ich, dass mir die Diskussion zu einseitig wird. Plötzlich geht es immer mehr darum, die Rolle der benachteiligten Frau hervorzuheben oder herauszuarbeiten, wo vermeintliche Missstände herrschen. Es geht um die Negativbeispiele, anstatt sich auf das Positive zu fokussieren. Das ständige Darstellen von Negativem führt mitnichten dazu, dass die Menschen sich für eine Sache engagieren. Im Gegenteil, sie wenden sich mit dem Gedanken „Nicht schon wieder!“ ab. Auf einmal wurde die Diskussion um UNKNOWN nicht mehr engagiert und fröhlich vorausblickend geführt, sondern wandte sich rückwärts und prangerte an. Also doch ein Geschlechterkampf. Doch wieder das Erwartbare.

 

Ich kann es nicht mehr sehen, das Plakative, den deutschen Negativismus, das ständige Anprangern. Ich möchte doch genau deswegen ein solches Projekt realisiert wissen, damit ich sehe, dass es auch anders geht! Als Kulturschaffende kann man auch versuchen, Mut zu machen, anstatt destruktiv zu agieren. Schaut doch nach vorne! Freut euch über das, was eure Idee leisten kann! Bringt das nach vorne, was die Uridee von UNKNOWN war: Qualität geht vor Gehänge!

 

Florian Jung