Der zweite Beitrag stammt von Verlegerin Grit Richter, die eine Methode gefunden hat, ihre eigene Voreingenommenheit auszutricksen.

 

 

Ich bin Verlegerin im Art Skript Phantastik Verlag und lese alle Kurzgeschichten-Einsendungen anonym. 

 

Seit der Gründung des Verlages im Jahre 2012 habe ich 10 Anthologien (mit)herausgegeben. Anfangs kannte ich noch niemanden und konnte unvoreingenommen an die Texte herangehen, doch wer so viel »netzwerkt« wie ich, lernt schnell einige Leute kennen, und bald hatte ich das Gefühl, nicht mehr vollkommen objektiv bei der Auswahl der Geschichten zu sein. Eine Lösung war flott gefunden: Ich begann die Kurzgeschichten zu anonymisieren und das war eine hervorragende Idee. Plötzlich konnte ich mich komplett auf den Text konzentrieren und freute mich beim »entanonymisieren« über bereits bekannte Autor*innen genauso wie über neue Namen.

 

Eine kleine Änderung konnte ich seit dem anonymisierten Lesen bemerken: Es gab einen leichten Anstieg männlicher Autoren in Dark-Fantasy-Anthologien.

 

Ich glaube daran, dass jede*r Autor*in hören möchte: »Ich habe dein Buch/deine Kurzgeschichte gelesen, weil sie mir gefallen hat, weil sie mich berührte, mich nachdenklich machte, mich zum lachen oder weinen brachte oder mich auf andere Weise emotional getroffen hat.«

 

Genauso glaube ich, dass kein*e Autor*in hören will: »Ich hab deine Geschichte gewählt, weil du ein bestimmtes Geschlecht hast oder zu einer Mehrheit/Minderheit gehörst.«

 

Ich habe so für mich als Verlegerin und Herausgeberin einen guten Weg gefunden.

 

Grit Richter